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Analog gemischte Demos klangen oft viel breiter, räumlicher und druckvoller als die digitalen Endmixes auf Pro Tools.

Wie alles begann

Als ich 1995 auf Pro Tools meine ersten Digitalmixes machte, war eines klar… das klingt viel transparenter, rauschfreier, feiner…besser! Parallel zu meinem Studio Setup machte ich zuhause Demos auf einem analogen HH 16 Kanal Mixer aus den 70s. Das Teil rauschte wie ein Wasserfall und jedes dritte Poti  war kurz vor dem Ableben. Allerdings stellte sich bald heraus, dass  die ungemischten Demos viel breiter, räumlicher und druckvoller klangen, als die Endmixes auf Pro Tools. An diesem Punkt begann ich mich mit analogem Summieren auseinander zu setzten.

Erste Erfahrungen

Folgende Ergebnisse zeigten sich sehr schnell:

  1. Digitalmixes wurden bei großer Spurenanzahl viel schneller matschig als Mixes auf Analogpulten. 
  2. Trotz 100%er Kanaltrennung bei digitalen DAWs klangen meine analoge Mixes breiter
  3. Bei Analogmixes  brauchte ich weniger Halls/Räume, damit die Spuren eine Einheit bildeten
    (bei Digitalmixes hatte ich oft das Gefühl, lauter Einzeltracks  nebeneinander zu hören)
  4. Bei großen, dichten Digitalmixes begannen Halls/Räumer irgendwann“ zu verschwinden“
  5. Analogmixes klangen immer “ punchiger“

Somit ergab sich folgendes Problem

Mixes auf Analogpulten klangen breiter und druckvoller, Digitalmixes  hatten aber „Total Recall“.  Es gilt also einen Kompromiss zwischen Recall und Sound zu finden.

Worauf kommt es an?

Das erste Glied in der Kette sind die DA Wandler zum Summierer.  Je besser die Qualität, desto mehr bringt das analoge Summieren. Bei den Summing Amps hängt viel von den Summierverstärkern ab

Sind sie zu hochwertig, bleibt der Sound sehr digital, sind die Toleranzen zwischen rechtem und linkem Kanal zu groß, wird der Sound zwar breit und ev. „schmutzig“, aber nicht unbedingt druckvoller (bei dieser Gelegenheit: danke an Alexander Guelfenburg von Virtual Music, mit dem ich diverse Test zu diesem Thema gemacht habe).

Ein weiteres Qualitätskriterium ist das Netzteil: Ist es zu schwach, werden knackige Transienten abgerundet, weil die Spannung bei kraftvollen Signalen (Bass, Bassdrum) kurzfristig „einknickt“. Das passiert bei fast allen günstigen Summierverstärkern (zB. beim kleinen Dangerous Music).

Einen guten Weg hat hier meiner Meinung nach SSL mit dem X-Rack gefunden. Die Summierung klingt relativ groß und punchy, aber doch so neutral, dass man nahezu alle Musikrichtungen darauf summieren kann. Summierlösungen von API und Neve haben einen sehr schönenr Vintagecharakter, sind aber  zB. für Klassik, Akustikpop oder Jazz nicht immer optimal.

Selbstverständlich sollte auch der A/D Wandler von möglichst hoher Qualität sein, da man sonst beim Tracken des Mixes nochmal Qualität verliert.

Noch ein paar Erfahrungswerte:

  • Zuerst digital mischen und später dem Mix zum Vergleich auf einen analogen Summierer routen bringt nichts. Analog klingt anders und man trifft dadurch andere Mixentscheidungen.
  • Wenn man mangels ausreichender Anzahl an analogen Kanälen Tracks schon in der DAW zusammenmischt, dann sollten diese möglichst unterschiedlich sein (zb. HH und Bass, nicht aber mehrere Halls auf denselben Ausgang routen)
  • Analoges Outboard  sollte erst bei analog Summierer insertiert  werden und nicht als  analoger Insert im digitalen Kanal.  Ein Signal wird beispielsweise zum analoger Kompressor D-A und danach A-D gewandelt. Beim Ausspielen zum Summing Amp wird nochmals gewandelt. Verwendet man de selben Kompressor erst nach dem D-A Wandler zum Summierer, erspart man sich einmal wandeln. Der Sound bleibt offener und größer.

Summing Plus (noch einen Schritt weiter)

Verteilt man seine digitalen Signale auf 8, 16, oder mehr  Stereoausgänge, um sie analog zusammenzumischen, erreicht man (leider) immer noch nicht Größe, Definition und Druck eines guten Analogmischpultes. Deshalb hier noch ein paar Ideen, um sich diesem Sound anzunähern.

  • Ich verwende in den Inserts meines X-Racks teilweise Outboard, von dem ich nur die Gainregler benütze. Besonders Drums und Bässe profitieren sehr von analoger Sättigung durch leicht übersteuerte Signale(…danke @Dietz für die Inspiration dazu). Ich würde mir einen Summierer mit einen Gainregler eingangseitig  pro Kanal wünschen!!
  • Man kann natürlich jedes Mischpult zum Summieren verwenden. Um den Recall zu erleichtern, verwendet man einen Großteil der Kanäle als gleichwertige Stereosummen (ungerade Kanäle nach links, gerade Kanäle nach rechts pannen, Fader auf 0db). Wichtige Signale bekommen eigene Kanäle (zB. Leadvocals, BD, Sn, Bass, LeadSynth, LeadGit,..). Hier kann man gleich die analogen Auxwege der Konsole verwenden, was den Sound für meine Ohren nochmals etwas vergrößert.
  • Beim Ausspielen der Signale auf den Summing Amp übersteuere ich gerne mal meine Wandler (vor allem bei Drums).  Clippt man hochwertige Wandler, klingt das oft besser als jeder Brickwall Limiter!
  • Hat der Summierer einen zweiten Summenbus (bei SSL der RecBus), kann man auf diesen zB.  alle Drums zusätzlich zwecks Parallelkompression routen. Diese Kompression erfolgt natürlich auch mit analogen Outboard.
  • In die Inserts eines Summing Amps kann man auch Motorfader für ein analogeres Mixgefühl routen (danke @Bernhard für diese Idee).

Man könnte diesen Wahnsinn jetzt natürlich  immer weiter treiben, aber irgendwann ist es wahrscheinlich einfacher, sich eine Analogkonsole mit Total Recall zu kaufen. Leider frisst die dann jede Menge Strom, die Klimaanlage noch mehr Strom, sie braucht viel Platz, und dann noch jede Menge Pflege … also dann doch digital??

Kommentare (1)

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Analog Summing

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