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Eine kurze Anregung, wie man Dante-Netzwerke im Tonstudio einsetzen kann.

Dante-Netzwerk im Tonstudio

Digitale Audioverbindungen

Man muss seine Audio-Interfaces nicht unbedingt über USB oder Thunderbolt an den Studiorechner anschließen: Das geht auch über die Netzwerkbuchse und hat vor allem auf PC-Seite einige Vorteile. Es gibt mehrere Netzwerkprotokolle für Audio, wobei die bekanntesten AVB (Motu, …) und Dante (SSL, Behringer, …) sind. Ich möchte in diesem Artikel hauptsächlich über Dante schreiben, da ich momentan damit arbeite und Dante das schnellere, verbreitetere, aber auch teurere Protokoll ist.

Im einfachsten Fall brauche ich dazu ein Cat-5 Kabel und ein Dante-fähiges Audiointerface. Beim Rechner mit DAW reicht eine Dante Virtual Soundcard (Software-Emulation). Besser für niedrigere Latenzen ist eine Dante-fähige PCI-Karte und ein Dante-zertifizierter Router, um die Signale überall im Studio zu verteilen.

Allgemeines

Grundsätzlich funktionieren Audio-Netzwerke so, dass alle Ein- und Ausgänge „auf einen Tisch gelegt werden“, sprich: in einer Steuerungssoftware gesammelt und von dort abgegriffen werden können. Im Fall von PCs können hier Interfaces mit verschiedenen Treibern gleichzeitig genutzt werden, wie ein Aggregate Device am Mac. Man kann ein Audiosignal auch mehrfach abgreifen.

Es können Geräte mit untertschiedlicher Samplerate im selben Netzwerk sein, aber nur die mit derselben SR können auch miteinander kommunizieren. Es gibt auch keinen echten Clockmaster, da Audio in Paketen versendet wird, die vor dem Abspielen schon richtig zusammengebaut werden. Es gibt allerdings einen Zeitmaster: Dieser gibt allen anderen Geräten im Netzwerk die Referenzzeit vor.

Wichtig im Dante-Netzwerk sind Namen, da die Identifikation ausschließlich über sie erfolgt. Ändert man den Namen eines Gerätes, verlieren alle anderen, die darauf zugreifen, die Verbindung. Überall im Studio, wo es einen Netzwerkanschluss gibt, können grundsätzlich alle Audiostreams abgegriffen werden.

Konkretes Beispiel

Im Studio A gibt es einen Wander A mit 32 In/Out und einen Rechner A mit ProTools als DAW (32 I/O Streams vorkonfiguriert) und mit Netzwerkkarte. Im Studio B steht einen Rechner B mit Cubasec als DAW (32 vorkonfigurierte I/O) ebenfalls mit Netzwerkkarte und ein kleines Interface B mit 8 In/Out. Sowohl Rechner als auch Interfaces werden mit einem zentralen Gigabyte-Switch verbunden. Nun tauchen in der Controller-Software alle Interfaces mit allen I/Os und alle Rechner mit den jeweils 32 I/O Streams auf und ich kann beispielsweise 32 Signale von Studio A digital nach Studio B senden und umgekehrt.

 

 Basisnetzwerk

Im Aufnahmeraum von Studio A wird eine Band live aufgenommen. Stems von Drums, Bass Gitarren, Keyboards und Vocals werden über Ausgänge über ProTools in den Kopfhörerverstärker jedes Musikers gesendet, der sich dann seinen individuellen Lautstärkemix am Gerät direkt selbst erstellen kann. Im Studio B sitzt der Manager der Band und kann den Hauptmix aus Studio A im Studio B auf seinem Kopfhörer oder über die DAW und Boxenmithören.

Signalflow Recording1

Da die Band zwei Gitarristen hat, es aber nur eine Amp-Booth gibt, wir der 2. Amp im kleinen Aufnahmeraum des Studio B platziert. Der 2. Gitarrist steht im Aufnahmeraum A mit seiner Band. Sein Gitarrensignal wird im Studio A digitalisiert und über Dante ins Studio B geschickt. Dort wird es über das kleine Interface B analog gewandelt und über Klinke in den Amp geleitet. Das Gitarrenmikro im Aufnahmeraum B kommt über das kleine Audio- Interface des Studio B ins Netzwerk und kann im Studio A ebenfalls abgegriffen und aufgenommen werden. Es wird in den Gitarren-Stem gemischt, den sich wieder alle Musiker im Aufnahmeraum A in ihren Kopfhörer mischen können.

Signalflow Recording 2

Man sieht am Bild oben, dass sehr komplexe "Verkabelungen" möglich sind, die auch schnell mal unübersichtlich werden.

Latenzen

Im konkreten Fall hat mein Netzwerk ganz aktuelle SSL-Wandler und beide Rechner sehr schnelle Dante-fähige Netzwerkkarten. Der Sicherheitsbuffer für das gesamte Netzwerk ist auf 0,5 ms eingestellt. Die tatsächliche Verzögerung bewegt sich aber rund um 0,2 ms (das ist kein Schreibfehler!). Daher könne die analogen Aux-Sends des Mischpultes in der Regie A problemlos auf PlugIn-Halls geroutet werden, ohne das ein zusätzliches Pre-Delay durch etwaige Latenzen entsteht. Das Problem des Recalls von analogen Hallgeräten hat sich hiermit erledigt, wenn man das so will.

Dante VIA Software

Wenn man seinen Kunden schnell mal ein YouTube Video samt Sound abspielen will, hat man besonders am PC schnell ein Problem. Man muss den Ausgang der internen Soundcard analog mit dem Studiowandler verbinden. Schlechte Audioqualität durch unnötige DA-AD Wandlungen sind die Folge. Mit der Dante VIA Software von Audinate kann man Systemsounds, YouTube, Spotify und andere Systemklangquellen (mehr oder weinger) problemlos ins Dante-Netzwerk bringen, ohne den Umweg über zusätzliche AD-DA Wandlungen zu gehen. Von dort wird der Stream virtuell in die Studio-DAW geroutet. Das digitale Signal wir dabei nicht gewandelt und die Klangqualität bleibt 1:1 unverändert.

Gedanken zum Abschluß

Ein Netzwerkkabel kann 128 Audiostreams in einem einzigen Kabel führen. Das Kabelchaos im Tonstudio nimmt dadurch deutlich ab, Kosten für Kabel reduzieren sich und anaoge Steckfelder werden immer kleiner. Man sollte dabei aber nie vergessen, dass jede AD bzw. DA-Wandlung Verluste am Audiosignal mit sich bringt. Daher gilt immer noch: nur so viele Wandlungen wie unbedingt notwendig!

Das Audio-Netzwerk habe ich mit Laptop und Netzwerkanschluß in der Studioküche beim Kaffeettrinken konfiguriert. Dabei habe ich über Dante VIA dem Systemadmin – der in der Regie A saß – meinen neuen Lieblingssong vorgespielt. Das alle war vor 30 Jahren mit analogen Kabel teilweise auch möglich, aber die Verluste bei großen Kabellängen konnte man durchaus hören und die Kosten waren auch nicht ohne, vom Kabelchaos garnicht erst zu reden.

Da dieses Thema für mich relativ neu ist, können sich durchaus Fehler eingeschlichen haben, für die ich schon im Voraus um Verständnis ersuche. Auch habe ich aus Gründen der Verständlichkeit nicht alle notwendigen verbindungen in den Grafiken eingezeichnet. Dieser kurze Blog-Eintrag deckt auch nur einen sehr kleine Bereich der Möglichkeiten eines Audio-Netzwerkes im Studio ab.

Wie immer freue ich mich über Anregungen, konstruktive Kritik und vor allem Erfahrungsberichten zu diesem Thema!

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