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Verschiedene Kompressortypen und ihr Anwendungsbereich

 

Verschiedene Kompressortypen und ihr Anwendungsbereich

 

Diesmal gibt es wieder ein klassisches Mixingthema. Ich möchte kurz die wichtigsten Kompressortypen und ihre Wirkungsweise erklären. Da ich kein Nachrichtentechniker bin, möge man mir dabei die eine oder andere technische Ungenauigkeit verzeihen.

Grundsätzlich hat ein Kompressor einen Audiosignalweg, einen Detektorweg und ein Regelelement, dass das Ausgangssignal verändert (komprimiert). Das Audiosignal wird für den Detektorweg abgezweigt und kann hier noch bearbeitet werden, bevor es in das Regelelement geschickt wird. Beispielsweise kann ein EQ in der Detektorschaltung die Bässe absenken, damit das Regelelement nicht zu stark bei massiven Low End zu pumpen beginnt und transparent bleibt.

 

VCA Kompressoren

ssl-bus-compressor

Regelelement -VCA (Voltage Controlled Amplifier)
Klangverfärbung - kaum färbend
Regelverhalten - linear, schnell, gute Transienten

Bekannteste Vertreter

  • API 2500 Buskompressor
  • SSL Buskompressoren
  • Neve 30609
  • DBX 160

Beim VCA Kompressor erfogt die Signalreduktion durch einen Voltage Controlled Amplifier (VCA). Dieser Kompressortyp ist sehr schnell und transparent. Das Schaltungsdesign erlaubt viel Flexibilität, Transienten werden schnell verarbeitet und ein relativ hohes Maß an Kompression ist verzerrungsfrei möglich.

Die klassischen Regelmöglichkeiten sind Attack, Release, Threshold (Einsatzpunkt, Schwellwert), Ratio (Kompressionsverhältnis) und Makeup Gain.

Einsatzgebiet

VCA Kompressoren sind meiner Meinung nach am besten im Mixbus oder auf einem Drumbus, weil sie relativ sauber sind und viele Regelmöglichkeiten bieten. Trotzdem haben die meisten VCA Kompressoren durchaus auch "Charakter", wie etwa der API 2500. Wegen ihrer Flexibilität sind sie aber auch für einzelne Drumspuren und Percussion sehr geeignet und überhaupt sehr universell einsetzbar. Unpassende Einstellungen verzeiht dieser Typ allerdings relativ schlecht. Man sollte Attack- und Releasezeiten genau einstellen und auf unerwünschtes "Pumpen" achten. Releasewerte im Tempo des Songs (8tel oder 4tel Noten) helfen hier manchmal.

 

Opto Kompressoren

UA LA-2A

Regelelement -Fotozelle, lichtempfindliches Element
Klangverfärbung - mäßig färbend, weich, groß
Regelverhalten - nicht linear, langsam

Bekannteste Vertreter

  • LA-2A
  • LA-3A (änlich LA-2A, aber in Transistortechnik)
  • Tubetech CL1B
  • Manley Elop

Optokompressoren sind die klassischen Vocalkompressoren. Urvater und bekanntester Vertreter ist der LA-2A von Telectronics, später von Universal Audio. Dieser wird seit einiger Zeit in der EU wegen der ROHS Verordnung, welche die Verwendung von giftigen Substanzen wie z.B Blei oder Quecksilber in Europa verbietet, leider nicht mehr verkauft (Danke an Mario Reithofer von TSAMM für diese Info). Das Regelelement ist hier eine T4 Fotozelle.

 

Üblicherweise gibt es bei diesem Typ nur zwei Regler. Peakreduktion regelt ähnlich dem Threshold bei anderen Kompressoren den Einsatzpunkt der Pegelreduktion. Die Ratio ist  fix 3:1 (10:1 bei Limit) und die mittlere Attacktime ca. 10 ms (variabel). Die Release (Rücklaufzeit) ist für die erste 50%  60 ms, für die letzen 50% zwischen 0,5 - 5 s je nach Kompressionsstärke und Programmaterial. Dieses Regelverhalten schmeichelt besonders Stimmen. Der Gain-Regler bestimmt den Ausgangspegle, NICHT den Eingangspegel!

Einsatzgebiet

Wie schon erwähnt, eignen sich Optokompressoren bersonders für Vocals, aber auch Bässe, akustische Gitarren, Jazzdrums und vieles mehr. Die Röhrentechnik des LA-2A bringt sehr warme, dichte und direkte Aufnahmen. Die Klangquellen wirken generell nach der Verdichtung größer und wärmer. Durch die begrenzeten Regelmöglichkeiten passt er nicht immer, verzeiht aber gerade bei Stimmen sehr viel. Bis zu 10 dB Gainreduction sind fast immer unhörbar, abr 30 dB setzten aber deutlich hörbare Verzerrungen ein. Wer jemals einen gut gewarteten Original LA-2A aus den 1950/60er Jahren auf einer Stimme gehört hat, wird diesen Sound kaum mehr vergessen. Diese "Magic" wird von Plug-Ins meiner Ansicht nach nur angedeutet.

 

FET Kompressoren

UA 1176

Regelelement - FET (Feld Effekt Transistor)
Klangverfärbung - mittelmäßig färbend, aggressiv, rockig
Regelverhalten - linear, schnell, gute Transienten

Einige Vertreter

  • Urei 1176
  • Urei 1178
  • Purple Audio MC77
  • Wes Audio Beta 76

Urvater dieses Kompressortyps ist der Urei 1176, der meines Wissens von Bill Putnam erfunden wurde und von Urei, später von Universal Audio vertrieben wurde. Klone dazu gibt es wie Sand am Meer.  Da Threshold hier fix ist, wird die Kompressionsstärke über den Input geregelt. Ratio ist fix mit 4:1, 8:1, 12:1 und 20:1. Die Attack ist variabel zwischen 20(!) und 800 Microsekunden, die Release zwischen 50 ms und 1,1 s. Achtung - beide Regler laufen üblicherweise verkehrt herum, d.h. längere Zeiten erhält man durch Drehung gegen den Uhrzeigersinn.. Output legt erwartungsgemäß den Ausgangspegel fest. Eine Besonderheit ist der "All Buttons In" Modus, bei dem alle vier Ratiotasten gleichzeitig gedrückt werden. Das Ergebnis ist schwer zu beschreiben, aber ziemlich "dirty".

Einsatzgebiet

Für mich ist der FET Kompressor, speziell der Urei 1176 der klassische Rock-Kompressor, sowohl auf Gitarre/Bass, als auch auf Snare oder Stimme. Der Sound ist aggressiv, präzise und rockig-kräftig. Bei Überkompression kann das Signal aber auch schell mal kaputt, klein oder zerquetscht klingen. Bei einer Ratio von 4.1 kann man wenig falsch machen, solange man zumindest auf die Attack achtet und Gainreduktion über 6-8 dB vermeidet. Extrem kurze Release-Zeiten bringen schnell mal Nebengeräusche nach oben und sollten daher auch mit etwas Vorsicht benutzt werden.

 

Variable Mu

Fairchild 670

Regelelement - Röhren
Klangverfärbung - stark färbend, weich, satt
Regelverhalten - nicht linear, langsam

Einige Vertreter

  • Fairchild 670/660
  • Manley VariMu
  • Altec 436C
  • Thermionic Cultur Phoenix

Bekanntester Klassiker ist hier der Fairchild 670 (stereo) bzw. 660 (momo). Dieser Kompressortyp hat einen Input-Regler, mit dem mal schon vor der Kompression Röhrenobertöne erzeugen kann. Der Einsatzpunkt wird mit dem Threshold festgelegt. Attack und Release sind üblicherweise fixe Kombinationen, die als Time Constant bezeichnet werden; je größer die Zahl, desto länger beide Zeiten. Modernere Varianten wie der Manley VariMu haben allerdings schon eine regelbare  Attack und auch Release (hier Recovery). Die Regelzeiten sind deutlich langsamer als bei FET oder VCA-Kompressoren und die vollständige Röhrentechnik macht hier natürlich mehr "Sound" als bei anderen Kompressortypen.

Einsatzgebiet

VariMu (Röhren-) kompressoren klingen wram, weich und obertonreich. Sie eignen sich daher gut für den Mixbus, besonders bei Jazz, Klassik und anderen akustischen Musikrichtungen. Ich persönlich schätze den Sound auch sehr auf Klavieren und akustischen Gitarren (nicht Pop), weil hier viele Probleme der digitalen Aufnahmetechnik ausgeglichen werden. Wenn man allerdings punchy Drums möchte, ist diese Kompressorart für mich schlichtweg ungeeignet. Einmal hatte ich einen originalen Fairchild 670 für einen Orchestermix zur Verfügung. Die räumliche Tiefe und Wärme ist sehr beeindrucken, das starke Eigenrauschen allerdings leider auch. Auch der fehlende Bypass-Schalter erschwehrt das Leben des Audio Engineers. Da ist ein Manley VariMu schon deutlich unkomplizierter, klingt aber auch anders.

 

Es gäbe noch PWM Kompressoren (modulierte Pulsweite), wie etwa den Crane Song STC-8 oder Diodenbride-Kompressoren, wie etwa den Neve 2254. Da diese aber in meiner bisherigen Arbeit keine Rolle gespielt haben, möchte ich darüber nichts schreiben, weil es Infos aus zweiter Hand wären.

 

Da ich es liebe, Musik zu mischen und darüber zu lernen,  freue ich mich über Anregungen, konstruktive Kritik, Erfahrungsaustausch und sonstige Rückmeldungen. Der Blog darf auch gerne geteilt und weitererbreitet werden. 

 

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