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Ein paar Gedanken zur Wirkungsweise und zum Anwendungsbereich des Linear Phase EQs
Seit es digitale Equalizer gibt, gibt es auch eine neue Art - den Linear Phase Equalizer. Viele kennen ihn, wissen aber nicht genau, was er kannt und wo es Sinn macht, ihn zu verwenden. Ich möchte versuchen, Funktionsweise und Anwendungsbereiche kurz zusammen zu fassen.
Analoge EQs verändern im angehobenen oder abgesenkten Frequenzbereich zwangsläufig die Phasenlage. Dadurch wird bei intensivem Einsatz der Gesamtsound oft verschmiert und es geht Transparenz und Offenheit verloren. Besonders Naturinstrumenten verlieren schnell ihre Natürlichkeit und klingen bearbeitet. Digitale Minimal Phase EQs minimieren mit diversen Algorithmen diesen Effekt, aber er bleibt bis zu einem gewissen Grad trotzdem bestehen. Linear Phase EQs beheben dieses Problem, in dem sie das bearbeitete Frequenzband verschieben und damit wieder in Phase mit den restlichen Frequenzen bringen. Sie werden dadurch klanglich gerne als offen und natürlich beschrieben. Der Equalizer selbst erzeugt keine eigene Frabe und das Stereobild wird auch kaum beeinflußt. Gerade im Masteringbereich sind Linear Phase EQs daher sehr beliebt. Viele Plug-In Erzeuger biete diese Art des EQs an.Schattenseiten
Das sogenannte Pre-Ringing entsteht durch das zeitliche Verschieben des bearbeiteten Frequenzbereiches und wird als eine Art Rückwärtsecho vor dem eigentlichen Sound Artefaktt. Nun sollte man meinen, dass man Lineare Phase EQs zumindest im Höhenbereich bedenkenlos einsetzten kann. Aber auch wenn das Pre-Rnging noch nicht bewußt wahrnehmbar ist, werden die Transienten dadurch manchmal schon „unschärfer“.
Hier zwei Hörbeispiele. Im Ersten wurde eine Snare mit einem normalen EQ bearbeitet, im zweiten mit eine Linear Phase EQ
Bei der mit dem Linear Phase EQ bearbeiteten Snare ist recht deutlich eine Art Reverseffekt im unteren Bereich (ca. 150 Hz) zu hören. Dadurch verliert sie etwas an Definition im Vergleich zum normalen Equalizer.
Man sollte sich daher jedenfalls dieser Artefakte bewusst sein und von Fall zu Fall selbst entscheiden, ob ein Linear Phase EQhier passt. Besonders bei Eingriffen im Bassbereich und bei sehr transientenreichen Material sollte man sehr genau auf das Prer-Rnging achten!
Für Echtzeitanwendunge (zB. Im Livebereich) ist diese Art von EQ weniger geeignet, da sie eine deutlich wahrnehmbare Latenz erzeugen. Das liegt daran, dass tatsächlich nicht das manipulierte Frequenzband vorgezogen wird, sondern das restliche Signal (zusätzlich zur Berechnungsdauer) verzögert wird. Auch die relativ hohe Rechneleistung kann beim Einsatz von vielen Linear Phase EQs ein Thema sein.
mehr Infos dazu hier: https://cravedsp.com/blog/linear-phase-eq-explained
Linear Phase EQs können gerade in der Klassik, im Jazz und beim Mastering sehr natürliche Klangergebnisse liefern. Man sollte jedoch immer auf das Pre-Ringing achten und besonderes Augenmerk auf Transienten vor und nach der Bearbeitung richten.
Phasenverzerrungen sind per se nicht unbedingt schlecht. Das beste Beispiel sind Vintage-EQs wie etwa der Pultec EQP-1A. Sein Sound wird als sehr weich,warm und groß beschrieben. Grund sind jede Menge harmonische Verzerrungen, auch in der Phasenlage. Möchte man aber einen neutral klingenden Equalizer, wird man auf jeden Fall eher zu einem Linear Phase EQ greifen.
Ich persönlich glaube nicht, dass normale EQs oder Linear Phase EQs generell als besser oder schlechter bezeichnen werden können. Je nach konkretem Anwendungsfall kann der eine oder andere EQ passender klingen und selbst das ist sehr subjektiv. Also genau hinhören, auf Pre-Ringing achten und mit den Ohren entscheiden.
Wie immer freue ich mich über Anregungen, konstruktive Kritik, Erfahrungsaustausch und sonstige Rückmeldungen. Der Blog darf auch gerne geteilt und weitererbreitet werden.
Geposted von sounddirect am 1. Mär. 2020 | Kommentare (0)